1990: Es war eine historische Wahl. Am 2. Dezember 1990 wurde das erste Gesamtberliner Abgeordnetenhaus nach dem Mauerfall gewählt. Am selben Tag wie die erste Bundestagswahl im vereinten Deutschland. Zwei Wochen zuvor war in Berlin die rot-grüne Koalition am internen Dauerstreit zerbrochen. Im Bund und in der Hauptstadt feierte die CDU einen großen Wahlsieg. Der Wahlverlierer SPD blieb aber als Juniorpartner der Union, geführt vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen, in der Landesregierung. Die FDP zog wieder ins Abgeordnetenhaus ein, die Grünen (damals: Alternative Liste) wurden nach eineinhalb Jahren Regierungsarbeit in die Opposition geschickt.
1995: Bei der Abgeordnetenhauswahl am 22. Oktober 1995 stürzten die Sozialdemokraten auf ihr schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit ab. Querelen in der Bundes-SPD halfen dabei kräftig mit und die Arbeit in der Großen Koalition wurde der Berliner SPD von den Wählern nicht gedankt. Der Partei war das Profil abhanden gekommen und es fehlte eine überzeugende Führungspersönlichkeit. Die Linke (damals: PDS) wurde noch vor den Grünen drittstärkste Kraft, beide Oppositionsparteien legten kräftig zu. Im Osten der Stadt erzielte die PDS teilweise Traumergebnisse. Die FDP kam nicht mehr ins Parlament. Die Große Koalition mit dem Christdemokraten Eberhard Diepgen an der Spitze regierte weiter.
1999: Das heimliche Wahlziel, eine absolute Mehrheit, erreichte die CDU bei der Abgeordnetenhauswahl am 10. Oktober 1999 nicht. Aber sie konnte, auch mit Hilfe einer erfolgreichen Imagekampagne für ihren Spitzenmann Eberhard Diepgen den Vorsprung als stärkste Partei ausbauen. Dagegen erlitten die Sozialdemokraten ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Kriegsende, Teile der SPD-Linken forderten eine Erneuerung der Partei in der Opposition. Ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall war Berlin politisch wieder komplett geteilt. Im Westen gingen fast alle Wahlkreise an die CDU, im Osten weitgehend an die PDS (heute: Linke). Die Grünen verloren weiter an Zustimmung, die FDP kam wieder ins Parlament. Noch einmal folgte die SPD der Union in die Große Koalition.
2001: Der Berliner Bankenskandal löste in der deutschen Hauptstadt ein politisches Erdbeben aus und ermöglichte es der SPD, sich nach einem Jahrzehnt aus der gemeinsamen Regierung mit der CDU zu lösen. Das Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl am 21. Oktober 2001 reichte für eine rot-grüne Koalition trotz des Wahlerfolgs der Sozialdemokraten unter Führung ihres neuen Spitzenmanns Klaus Wowereit allerdings nicht aus, weil die Grünen schwächelten. Ein Ampelbündnis unter Einbeziehung der FDP wäre möglich gewesen, doch entschied sich die SPD für Rot-Rot. Die Einbeziehung der SED-Nachfolgepartei in eine Landesregierung war damals ein bundesweit heiß diskutierter Tabubruch. Wowereit wurde Berliner Regierungschef.
2006: Fünf Jahre in der parlamentarischen Opposition hatte die CDU noch nicht weitergebracht. Bei der Abgeordnetenhauswahl am 17. September 2006 erlitten die Christdemokraten ihr schlechtestes Ergebnis seit 1948. Dagegen erholten sich die Grünen. Und die Linke musste erfahren, dass es nicht einfach ist, sich als Juniorpartner in einer Regierung zu profilieren und für die eigenen Wähler attraktiv zu bleiben. Dieser Versuch misslang, die Linke verlor dramatisch, trotzdem reichte es mit knapper Not für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition unter Führung des Sozialdemokraten Klaus Wowereit. Die Wahlbeteiligung war so niedrig wie noch nie seit Kriegsende, Kleinstparteien hatten großen Zulauf.
2011: Die Renaissance der Grünen hätte es möglich gemacht, wenn auch mit knapper Mehrheit, eine rot-grüne Koalition zu bilden. Die Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2011 hatte das Ende des rot-roten Jahrzehnts in Berlin eingeläutet, SPD und Linke verloren gleichermaßen an Zustimmung, trotzdem blieben die Sozialdemokraten zum dritten Mal hintereinander stärkste Partei und konnten mit Klaus Wowereit an der Spitze weiterregieren. Aber mit wem? Die Koalitionsgespräche mit den Grünen scheiterten am erbitterten Streit um die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 und die SPD entschied sich überraschend für ein Bündnis mit der leicht erstarkten CDU. Eine deutliche Mehrheit dafür war im Parlament vorhanden.
2016: So einen bunten Flickenteppich hat es in Berlin seit dem Mauerfall noch nicht gegeben! SPD und CDU, die ehemals großen Volksparteien, mussten bei der Wahl am 18. September die schlimmste Niederlage in der Nachkriegsgeschichte einstecken. Die rot-schwarze Koalition wurde abgewählt. Aber auch die Grünen schwächelten. Die Linken rückten zur drittstärksten politischen Kraft auf, die FDP kam wieder ins Parlament. Es war eine Protestwahl, bei der die rechtspopulistische AfD aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis einfuhr. An den östlichen Stadträndern wurde die Partei besonders stark. Im Ergebnis dieser Abgeordnetenhauswahl wollen SPD, Linke und Grüne ein Regierungsbündnis schmieden.